Einführung einer 3PL- Lösung – was ist daran schon besonders?
Neben den vielen Optimierungen, die durch die Einführung neuer Softwaresysteme erreicht werden sollen, gibt es eben auch viele Risikofaktoren in Softwareprojekten. Zu diesen Risikofaktoren gehören neben dem „magischen Dreieck“ Zeit, Kosten und Qualität auch oft unterschätzte „Soft Facts“ wie z.B.
- die Akzeptanz der neuen Software bei Mitarbeitern und Kunden,
- ein gemeinsames Verständnis aller Projektbeteiligten und, nicht zuletzt,
- eine gute Zusammenarbeit zwischen Software-Anbieter und Auftraggeber.
All dies gilt natürlich auch für die Einführung eines Warehouse Management Systems in anderen Umfeldern. Ist doch also nichts Besonderes?
Das Geschäft eines Logistikdienstleisters, insbesondere der Betrieb von Multi-Customer-Lägern, ist wie kein anderes geprägt von Komplexität, Flexibilität und Geschwindigkeit. Kurzfristige Vertragslaufzeiten mit den Lagermandanten, unterschiedlichste Produkte, Platzmangel, mandantenindividuelle Prozesse, saisonale Peaks, häufige Mitarbeiterwechsel, hoher Kostendruck, kurze Cut-Over-Zeiträume – Faktoren, die sich auch bei der Einführung eines 3PL-WMS auswirken. Darüber hinaus ist das WMS für den Logistikdienstleister so etwas wie das Produktionssystem für den Hersteller oder das Shopsystem für den Onlinehändler. Es unterstützt den Kern der betrieblichen Leistungserstellung. Ohne WMS steht die „Produktionsmaschine Lager“ vielleicht nicht zwingend still, aber die Einhaltung der mit den Mandanten vereinbarten Service Level Agreements wird massiv beeinflusst.
Wie kann also der Austausch bzw. die Einführung der Kernkomponente WMS in diesem Spannungsumfeld erfolgreich gelingen? Wir von Körber Supply Chain möchten Ihnen 7 Faktoren nennen, auf die wir schon bei der Entwicklung unserer Lösungen und später gemeinsam im Projekt mit unseren Kunden ein besonderes Augenmerk legen.
#1: WMS – Systemauswahl
Wenig überraschend: natürlich sind die im neuen WMS gegebenen Funktionen und Möglichkeiten einer der wichtigsten Faktoren für eine erfolgreiche Einführung und den langfristigen Betrieb der ausgewählten Lösung. Die Ansprüche eines Kontraktlogistikers an ein WMS sind dabei völlig unterschiedlich und oft abhängig von dem Geschäftsmodell am jeweiligen Standort. Schon bei der Auswahl eines geeigneten WMS muss deshalb darauf geachtet werden, welche Anforderungen im Einzelfall vorliegen und welche Anforderungen zukünftig entstehen werden.
Anpassungsfähigkeit
Neue Standorte, sich verändernde Standortlayouts. Verschiedensprachige Nutzer. Mandanten aus unterschiedlichsten Branchen. Standort-, mandanten-, artikel- oder empfängerabhängige Prozesse. Die Konfiguration des WMS muss für die Key-User durchführbar sein, und dabei sollte möglichst keine Entwicklung durch den Softwarelieferanten nötig sein. Das garantiert die notwendige Flexibilität bei der Einführung neuer Standorte, Mandanten oder Prozesse, ohne dabei die oft niedrigen Kostengrenzen zu sprengen.
Usability
IT-Systeme werden heute nicht mehr von IT-Experten bedient. Ein komplexes und unübersichtliches WMS führt nicht nur zu wenig Akzeptanz bei den Mitarbeitern, sondern auch zu hohen Fehlerquoten in der Bedienung. Daraus wiederum entstehen unnötige Supportaufwände und nicht zuletzt auch zu unzufriedene Mandanten. Darum sollte ein WMS von Haus aus so konzipiert sein, dass es die User durch die Prozesse führt und möglichst einfach und intuitiv zu bedienen ist.
Releasefähigkeit
IT-Technik entwickelt sich heute so schnell wie nie. Was gestern noch Zukunftsmusik war, gilt morgen schon als alter Hut. Das hat aber auch unmittelbaren Einfluss auf IT-gestützte Geschäftsprozesse. Das WMS muss die sich ändernden Technologien und Prozessen folgen, und das nicht nur heute, sondern auch morgen. Deshalb ist es wichtig, ein Release fähiges System einzusetzen und durch regelmäßige Release-Updates auf neuestem Stand zu bleiben.
Abrechnung
Insbesondere in der Multi-Mandanten-Umgebung ist eine wesentliche Herausforderung die Nachverfolgbarkeit der erbrachten Services des Logistikdienstleisters. Jeder Mandant bringt seine eigenen Abrechnungsmodelle mit und jeder Service muss möglichst automatisiert erfasst und abgerechnet werden. Daran hängt die Rentabilität des 3PL-Geschäftes. Die Rechnung für den Mandanten sollte schlussendlich ein „Nebenprodukt“ der logistischen Tätigkeiten sein und nicht noch zusätzliche Aufwände verursachen.
Integration
Ein WMS ist bei einem Kontraktlogistiker i.d.R. das zentrale System. Genau deshalb muss es sich einfach in eine bestehende oder entstehende Systemlandschaft integrieren lassen. Das bedeutet nicht nur die Anbindung an die ERP-Systeme der Mandanten, sondern auch die Anbindung an andere 3PL-interne und externe Systeme, z.B. Versandsysteme, Transport-Management-Systeme oder Zollsysteme.
#2: Consulting
Der zweite wichtige Faktor bei der Einführung eines WMS ist ein umfassendes Consulting. Der Software-Anbieter muss nicht nur seine Software kennen und verkaufen – er muss auch das Geschäft, Prozesse und Herausforderungen des Logistikdienstleisters verstehen und Wege aufzeigen, wie das WMS im individuellen Umfeld bestmöglich eingesetzt werden kann.
In Workshops und Pflichtenheftgesprächen muss von Beginn an ein gemeinsames Wording gefunden und festgelegt werden. Das ist eine wichtige Voraussetzung für die Erörterung und Optimierung der logistischen Prozesse, der notwendigen Schnittstellen und anderer Details.
Darüber hinaus sollte der Softwarelieferant auch bzgl. der im Projekt benötigten Hardwarekomponenten beraten können. Angefangen bei Datenbank-Servern bis hin zu mobilen Endgeräten – die Anforderungen sind in jedem Projekt unterschiedlich. Wenn Hardware und Software aus einer Hand kommen, können dabei wichtige Synergieeffekte erreicht und nicht zuletzt Projektkosten gesenkt werden.
#3: Projektmanagement
Ein professionelles Projektmanagement ist eine wichtige Grundlage für eine erfolgreiche Einführung eines IT-Systems. Dazu gehört aber nicht nur die Nutzung der nach ISO 9001 zertifizierten Tools, Vorlagen und Prozesse, sondern immer auch der persönliche Einsatz der Projektleiter und des Projektteams.
Ein wichtiger Faktor im Projektmanagement, insbesondere bei der Einführung eines neuen IT-Systems, ist natürlich das Stakeholder Management. Dabei geht es weniger um die Projektinteressierten auf Führungsebene als vielmehr um die Mitarbeiter, die das System in Ihrer täglichen Arbeit anwenden müssen und die konfigurierten Prozesse leben sollen. Diese Gruppe sollte in jedem Projekt von Beginn an beteiligt sein – das beste WMS taugt nichts, wenn daran vorbeigearbeitet wird. Und oft ist es ebenfalls notwendig, die Lagermandanten „mitzunehmen“ und von der Leistungsfähigkeit der neuen Software zu überzeugen.
Gut ist es immer, wenn die Projektleiter zumindest für die Dauer des Projektes von anderen Aufgaben freigestellt sind. So wird gewährleistet, dass die volle Energie auf allen Seiten in das Einführungsprojekt fließt und somit sowohl Zeiten als auch Kostenziele erreicht werden.
Und wenn der Projektleiter ausfällt? Zumindest bei Körber Supply Chain kein Thema: es ist immer ein zweiter Projektleiter in einer projektbegleitenden Funktion involviert, der im Fall der Fälle verzugslos übernehmen kann.
#4: Change-Management
Frei nach Helmuth Karl Bernhard von Moltke: Kein Plan überlebt die ersten Tests. Es ist völlig normal, dass in einem laufenden Projekt neue Erkenntnisse gewonnen werden und dass es zu Änderungen in Abläufen und Prozessen kommt. Dies gilt besonders auch im Geschäftsumfeld der Logistikdienstleister (Stichwort: Flexibilität). Sofern die Kriterien der ersten drei Erfolgsfaktoren erfüllt sind, ergeben sich durch geänderte Anforderungen nur selten wirklich große Herausforderungen. In einem anpassungsfähigen WMS können veränderte Anforderungen durch Konfiguration aufgefangen werden. Hierfür ist das entsprechende Consulting durch den Software-Anbieter notwendig. Und in einem realistischen Projektplan sind selbstverständlich zeitliche Puffer für sich verändernde Projektbedingungen und Systemanforderungen vorgesehen.
Nach der Beendigung des Einführungsprojektes bleibt das Change-Management im 3PL-Umfeld einer der wichtigsten Bestandteile für eine langfristige und erfolgreiche Nutzung eines WMS.